Der Beirat: das Bindeglied in Familienunternehmen

July 30, 2023

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Die Bedeutung von Beiräten in Unternehmen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Obwohl die meisten Familienunternehmen rechtlich nicht zur Einrichtung eines Aufsichtsgremiums verpflichtet sind, richten immer mehr von ihnen ein solches Gremium ein. Doch warum ist das so? 

 

Viele Familienunternehmen sehen sich mit einer Zersplitterung ihres Anteilsbesitzes konfrontiert, wenn sie altern und wachsen, und genau hier kommt der Beirat ins Spiel. Der Beirat ist nicht nur ein Kontrollinstrument, sondern auch ein “Sparringspartner”, der für ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Gesellschafter und denen der Unternehmensleitung sorgt. Als neutrales Gremium kann der Beirat die Interessen aller Gesellschafter und des Unternehmens bündeln und so die Existenz des Unternehmens stärken und seine positive Entwicklung fördern. Er begleitet das Unternehmen auch bei strategischen Entscheidungen, trägt zur Bereicherung des Unternehmensimages bei und ist eine große Hilfe bei der Nachfolgeplanung. 

Wahrscheinlich fragst du dich, woher Beratungs- und Aufsichtsgremien kommen. Verschiedene Wissenschaftler haben diese Frage mit drei Theorien beantwortet: 

 

1.     Prinzipal-Agent-Theorie 

Führt die Existenz von Beiräten auf divergierende Ziele und Informationsasymmetrien zwischen Eigentümer (Prinzipal) und Management (Agent) zurück. Nach dieser Theorie verfolgen der Prinzipal und der Agent unterschiedliche Ziele und Interessen, was zu Problemen in der Beziehung zwischen ihnen führen und den Erfolg des Unternehmens gefährden kann, da der Agent gegenüber dem Prinzipal einen Wissensvorsprung hat, den er für seine Zwecke nutzen kann. Da der Prinzipal den Manager allein nicht wirksam kontrollieren kann, muss er geeignete Kontroll- und Anreizsysteme einrichten. Aus diesem Grund richtet er ein relativ umfangreiches Kontroll- und Anreizsystem ein.

Nach der Prinzipal-Agent-Theorie besteht die Hauptaufgabe eines Beirats daher darin, den Prinzipal-Agent-Konflikt zwischen Eigentümern und Managern zu reduzieren, indem er das Management in seiner Tätigkeit kontrolliert und überwacht. Nach Fama und Jensen (1983) ist die Beaufsichtigung durch unabhängige familienfremde Mitglieder wirksamer, um den Opportunismus der Führungskräfte einzudämmen.

 

Die Theorie ist insbesondere auf Familienunternehmen anwendbar, die von familienfremden Managern geführt werden oder in denen es viele Gesellschafter gibt, die ihre Interessen durchsetzen wollen. In diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass zwischen Management und Eigentümern unterschiedliche Ziele vorherrschen, die durch einen Kontrollbeirat oder einen Aufsichtsrat eingedämmt werden können.

In Nicht-Familienunternehmen, in denen das Verhältnis zwischen Eigentümer und Fremdgeschäftsführung nicht auf Zielvereinbarung und Vertrauen beruht, sollte der Beirat daher überwiegend eine kontrollierende Rolle übernehmen, um den Gesellschaftern Einblick in das Unternehmen zu geben und Einfluss auf dessen Entwicklung zu nehmen. In solchen Fällen würde die Tätigkeit des Beirats der Rolle des Aufsichtsrats in einer Aktiengesellschaft entsprechen.

 

2.     Management-Theorie

In vielen Familienunternehmen überschneiden sich jedoch die Bereiche Eigentum und Management aufgrund des aktiven Managements der Familienmitglieder, so dass der Zielkonflikt zwischen Eigentum und Management nur bis zu einem gewissen Grad besteht. In diesen Fällen greift der Prinzipal-Agent-Ansatz zu kurz. Hier setzt die so genannte Stewardship-Theorie an, die in den letzten Jahren verstärkt in der Forschung zur Governance in Familienunternehmen Anwendung findet.

Im Gegensatz zur Principal-Agent-Theorie postuliert die Stewardship-Theorie, dass Manager nicht primär eigene, sondern kollektive Ziele verfolgen und sich für das Wohl des Unternehmens einsetzen. Da die Interessen von Eigentümern und Managern in diesem Fall kongruent sind, kann in Familienunternehmen auf bestimmte Steuerungsmechanismen verzichtet werden.

Die Managementtheorie geht daher davon aus, dass Familienunternehmen Beiräte nicht primär zu Kontrollzwecken einsetzen, sondern zur Beratung und Unterstützung des Managements. Daher kann der Beirat bei diesem Ansatz auch kleiner ausfallen als bei der Principal-Agent-Theorie.

Diese Theorie gilt insbesondere in Familienunternehmen, in denen Familienmitglieder eine aktive Leitungsfunktion im Unternehmen ausüben und somit Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen können: Dort unterstützt der Beirat das Unternehmen bei strategischen Entscheidungen und fungiert als Sparringspartner und Bindeglied zwischen Eigentümer und Unternehmensleitung.

 

3.     Ressourcenorientierter Ansatz

Diesem Prinzip zufolge beruht die vergleichbare Leistung von Familienunternehmen auf ihren Ressourcen.

Die Entwicklung wertvoller, seltener und schwer zu imitierender, nicht substituierbarer unternehmerischer Ressourcen ist entscheidend für den Wettbewerbsvorteil. Der Zugang zu externen Partnern, Wissen und Erfahrung kann daher einen wichtigen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen darstellen. Die Theorie postuliert, dass Familienunternehmen beratende Gremien schaffen, um kostengünstig auf externe Ressourcen in Form von sozialem und intellektuellem Kapital zuzugreifen.

Diese Gremien verknüpfen Ressourcen mit dem Unternehmen, unterstützen Management und Gesellschafter mit fachlichem Rat und dienen als Schnittstelle zu externen Institutionen wie anderen Unternehmen, Universitäten oder Banken. Darüber hinaus können prominente und gut vernetzte Persönlichkeiten das Image des Unternehmens verbessern und neue Geschäftskontakte erschließen, was gerade für jüngere Unternehmen oft wichtig ist.

Nach der Mentoring-Theorie werden Beiräte zur Beratung und Unterstützung des Managements eingesetzt. Die Stewardship-Theorie ist besonders auf inhabergeführte Familienunternehmen anwendbar.

Nach dem ressourcenorientierten Ansatz dienen Beiräte als externe Wissensquelle und als Schnittstelle zu externen Institutionen.

Obwohl es keine perfekte Methode gibt, halte ich eine Mischung aus allen drei Theorien für ideal, um eine gute Gesundheit des Unternehmens und eine positive Beziehung zwischen Eigentümer(n) und Management zu gewährleisten. 

Wenn du mehr über dieses Thema erfahren möchtest, empfehle ich dir diesen Artikel über Beiräte in deutschen Familienunternehmen und die wichtigsten Aufgaben, die sie erfüllen: https://www.pwc.de/de/mittelstand/der_beirat_in_familienunternehmen.pdf 

Willst du mehr über die Vorteile eines Beirats für dein Unternehmen wissen? Schreib mir an stephan@peitz.consulting oder ruf mich an unter +49 160 1677880. Ich berate dich gerne in Fragen der digitalen Transformation und nachhaltigen Entwicklung.